Aktualisiert am 22.04.2024

Dienstag, 22. April 2014

Allzu viel Text trübt Stimmung

Osterkonzert: Harmonische Blasmusikreise in Röllfeld - Märsche, Popmusik und unterhaltsame Medleys


Röllfeld. Vieles war wie in den 37 Jahren zuvor beim 38. Osterkonzert des Musikvereins Röllfeld in der Hemmelrath-Halle: Fleißige Hände hatten mit Blumenschmuck den Frühling in die Halle gezaubert, Thomas Schmitz dirigiert nun schon seit zwei Jahrzehnten die Kapelle, die wegen guter Jugendarbeit kaum Probleme mit dem Nachwuchs hat. Doch eines war anders:
Die Erläuterungen zu den Musikstücken, die mehr als ein Drittel des Konzerts einnahmen.

Das Programm begann mit dem Auftritt der 20 Mädchen und Jungen der Jugendkapelle, die unter Schmitz’ Leitung zwischen Mancinis »Baby Elefant Walk« über ein schwungvolles »Tarzan-Musical«-Medley bis zu Neal Diamonds »Renner« »I’m a Believer« Spielfreude und erfreulich geschlossenen Ensembleklang bewiesen und vom Beifall der knapp 300 Zuhörer zu einer Zugabe »gezwungen« wurden.

Eindrucksvoller Auftritt.
Ebenfalls eindrucksvoll: der Auftritt des großen Orchesters, knapp 40 Musiker, ein Viertel davon weiblich und mit einem erfreulich niedrigen Altersdurchschnitt. Kraftvoll, und doch differenziert war der Klang, den Schmitz mit seinem Orchester bei der »Fanfare 2000« des Kees Vlak zustande brachte. Temperamentvoll, und sehr harmonisch klang auch der »Spanische Zigeunertanz«, der nahtlos in den berühmten »Ungarischen Tanz Nr. 5« von Johannes Brahms überleitete, ein schöner Kontrast zwischen temporeicher Folklore aus Spanien und dem mitreißenden Rhythmus des Tanzes, der bewies, dass Klassik alles andere als langweilig oder gar blutleer sein muss.
Der Ausdruck »nahtlos« stimmt allerdings nicht, und hier muss kurz erwähnt werden, was dieses Jahr anders war als in den 37 Jahren zuvor: Heuer nahm im gut zweistündigen Konzert das Wort deutlich mehr als ein Drittel der Zeit ein, ein Anteil, der den Redebeiträgen sonst höchstens in speziellen »Gesprächskonzerten« eingeräumt wird. In einem Osterkonzert wirkten die Einschübe von Marco Geis allerdings eindeutig überdimensioniert, die Ausführungen zum »Telekolleg Musikgeschichte«, die »Hobbylyrik« über die Gruppe Abba, aber auch die Auszüge aus der Biografie über Evita Perron waren viel zu ausführlich und trugen oft kaum zum Verständnis der folgenden Musikstücke bei.

Die Musiker unter Schmitz' lebendiger und sicherer Leitung spielte ihre Qualitäten eindrucksvoll aus, als sie im zweiten Teil drei Medleys zelebrierten und mit »sahnigen« Überleitungen zwischen den Hits aus »Mamma Mia« und »Evita« sowie unvergänglichen »Rennern« Eric Claptons das Publikum zu Jubelrufen hinriss. Nicht nur, als die Musiker atmosphärisch dicht »Tears in Heaven« anstimmten.
Dass das Konzert nicht allzu medleylastig wurde, dafür sorgten die stilvolle Interpretation von Kees Vlaks eindrucksvoller Programmmusik »The Highland«, bei der in Tönen und Diaeinblendungen die reizvolle schottische Landschaft an den Untermain gezaubert wurde. Dafür sorgten aber auch elegant und kraftvoll präsentierte Märsche wie der »Colonel Bogey-March« oder Herzers »Hoch Heidecksburg«.
Einer der Höhepunkte war kurz vor der Pause zu hören, als die Röllfelder mit viel Einfühlungsvermögen ausdrucksstark Tegg Huggens »Air« aus seiner »New Baroque Suite« zelebrierten und Thomas Schmitz mit seinem Soloauftritt auf dem Tenorsaxofon bewies, dass er ein exzellenter Musiker ist, der eine ganze Halle in seinen Bann schlagen kann. Bleibt nur ein Wunsch für das kommende Jahr: Der Musikverein Röllfeld hat so viel musikalische Qualitäten, dass er sich in Konzerten auf die Musik konzentrieren sollte. Der Beifall am Ende, der Schmitz und seine Musiker zu Zugaben motivierte, war der beste Beweis dafür.

Heinz Linduschka