Aktualisiert am 11.04.2024

Dienstag, 10. April 2012

Mit vollem Körpereinsatz

Osterkonzert: Gute Solisten und überzeugender Ensembleklang - Jugendarbeit trägt beim Musikverein reiche Früchte

Klingenberg-Röllfeld

Der engagierte und einfallsreiche Dirigent, eine gute Nachwuchsarbeit und die Stabilität in der Vereinsführung: Vielleicht ist das das »Geheimrezept« für die Erfolge, die der Musikverein Röllfeld seit etlichen Jahren feiert. Der Höhepunkt: das Osterkonzert.

Das war auch heuer nicht anders bei der 36. Auflage. Wieder hatten fleißige Helfer die Halle mit Frühlingsblumen und Ostereiern geschmückt, wieder steuerte Dirigent Thomas Schmitz erst die Jugendkapelle und dann das große Orchester souverän und elegant durchs anspruchsvolle und kurzweilige Programm. Und wieder war am Ende der Beifall der Zuhörer herzlich und ausdauernd - für Röllfelder Verhältnisse ein Zeichen großer Zufriedenheit.
Zugegeben: Eines war heuer anders und ist gewöhnungsbedürftig: Nach langen Jahren hat der bisherige Moderator des Abends, Thomas Grein, das Mikrofon aus der Hand gelegt und damit eine Lücke gerissen, die noch nicht geschlossen ist.
Sein Nachfolger, Marco Geis, war spürbar engagiert bei der Sache, wirkte bei seiner Premiere aber oft ein bisschen übermotiviert und wird noch lernen müssen, dass man die - verständliche - Begeisterung über ein erfolgreich abgeschlossenes Politologiestudium nicht bruchlos auf eine Musikmoderation übertragen darf. Politologensprache mit dem verschachtelten Satzbau und der Fremdwörtermanie trifft jedenfalls nicht unbedingt den Nerv »normaler« Musikbesucher, und der Reiz empirischer Sozialstudien erschließt sich dem Blasmusikfan auch nicht ohne weiteres. Dennoch: Die Ansätze waren gut, und man darf sich auf den zweiten Anlauf im nächsten Jahr freuen.
Harmonisch und ausgereift
Gar nichts zu meckern gab es an der Musik, die über zwei Stunden aufs Beste unterhielt. Erstaunlich harmonisch und ausgereift war schon das, was in einem ersten Teil die zwei Dutzend Jungmusiker unter Schmitz’ Leitung zustande gebracht hatten, wobei der Dirigent die Mädchen und Jungen mit vollem Körpereinsatz brillant unterstützte. Ob ein Medley amerikanischer Militärmärsche, Michael Jacksons »Thriller« oder die temporeiche, dynamische Version des »Rosaroten Panthers«: Die Jugendkapelle der Röllfelder kann sich hören und sehen lassen.
Ausnahmslos gelungen war auch das abwechslungsreiche Programm des 40-köpfigen Orchesters. Der pointierte Auftakt mit John Williams »Olympia-Fanfare« von 1984 bot die ideale Einstimmung, die 2.Suite in F-Dur von Gustav Holst mit vier farbigen, facettenreichen Tanzsätzen interpretierte Schmitz mit »seinen« Musikern als sensibles, harmonisches Werk mit frischen folkloristischen Elementen, in dem sich musikalische Feinheiten und eingängige Melodien aufs Schönste verbanden.
Immer erfreulich beim Orchester: Die Präzision der Einsätze, die sanften, bruchlosen Übergänge, die sich vor allem bei den Medleys bewährten, und die schöne Mischung aus guten Solisten und einem überzeugenden Ensembleklang.
Ob fast programmmusikalische Filmmusiken wie »Children of Sanchez« oder »Lawrence von Arabien«, wobei hier der Trommelklang eine Breitleinwand öffnete, auf der mit den Mitteln der Musik die endlose Weite der Wüste in die Halle gezaubert wurde, ob sensibel interpretierte Hits von Stevie Wonder, wobei Frank Bernaerts Arrangement und die Interpretation der Röllfelder bewiesen, dass Blasmusiker einen authentischen »Wonder-Sound« zustanden bringen können, ob ein überzeugendes Medley aus dem Musical »Grease« mit eingeblendeten Filmbildern von John Travolta und Olivia Newton-John: Beim Osterkonzert des Musikvereins Röllfeld kommen Liebhaber moderner, differenzierter Blasmusik genau so auf ihre Kosten wie Traditionalisten.

Ein Erlebnis für jeden
Die einen konnten sich am Ende über John Miles’ Rockballade »Music« mit dem Wechsel zwischen sanft-einschmeichelnden Tönen und stampfenden Rhythmen freuen. Die anderen gingen begeistert beim Rhythmus des »Fliegermarsches« mit und wurden mit Zugaben reich beschenkt: mit einer schmissigen Polka und mit dem »Radetzkymarsch« - allerdings in einer ganz besonderen Version.

Heinz Linduschka