Aktualisiert am 11.04.2024

Dienstag, 06. April 2010

Michael Jackson goes Blasmusik
Konzert: Polka und Pop am Ostersonntag in Röllfeld - Karl-Heinz Renz für 65-jährige Musikerkarriere geehrt

Klingenberg-Röllfeld. Ein prächtig geschmückter Tanzsaal, Spiegelwände und kostbare Leuchter: Beim 34. Osterkonzert des Musikvereins Röllfeld wurden in diesem Jahr alle Register gezogen. Leider fand das glanzvolle Ambiente nur in der Phantasiereise der Zuschauer statt, auf die Moderator Thomas Grein die Anwesenden einlud.

Obwohl der Verein in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen feiert, war vom hohen Alter nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die Auswahl der Stücke, die musikalischen Leistungen, die Moderation: Auf allen Gebieten konnten die Röllfelder Musiker punkten. Nicht umsonst war die Hemmelrath-Halle bis auf den letzten Platz besetzt. Zwar war an der ein oder anderen Stelle durchaus hörbar, dass es sich bei den Musikern nicht um Profis handelt, dennoch brachte das Ensemble ein überzeugendes Osterkonzert auf die Bühne.
Sehr kurzweilig die Moderation von Thomas Grein. Er ist nicht nur von Beruf »Pauker« in der Schule, sondern sorgte auch im Musikverein an den Kesseln für den gewissen Wumms. Zudem verlieh er dem Abend durch seine ausgefeilten und spritzigen Ansagen den letzten Schliff.
So hatte Grein dem Röllfelder Pfarrer Dr. Dieter Feineis ein nicht ganz ernst gemeintes Gebet um bessere Gesundheit auf den Leib gedichtet. Weil der Moderator für sein gewagtes Gedicht von den »Männern in den jungen Jahren« im vergangenen Jahr nach eigenem Bekunden einen Sturm der Entrüstung bei den Damen verursacht hatte, gab es diesmal das Gegenstück: Die augenzwinkernde Abrechnung mit den Herren der Schöpfung.
Der unumstrittene Star des Konzerts war jedoch der Posaunist Karl-Heinz Renz, der an diesem Abend ein selbst für einen Musikverein ganz und gar nicht alltägliches Jubiläum beging: Seinen 80. Geburtstag und gleichzeitig das Ende einer langen Laufbahn im Verein. Nach 65 Jahren aktiver Mitgliedschaft wird sich Renz in den verdienten Ruhestand zurückziehen. Vorsitzender Dieter Berres würdigte in seiner Laudatio die Verdienste des Musikers. »Es fällt mir nicht leicht aufzuhören, aber ich danke Gott dafür, dass er mir die Kraft gegeben hat, so lange aktiv Musik zu machen«, so Renz. Zur Feier des Tages dirigierte er den Marsch »Alte Kameraden«, das Publikum feierte den Jubilar mit stehendem Applaus.

Notenblätter mit vielen Fehlern
Der musikalische Höhepunkt des Abends hatte indes im Vorfeld die meisten Probleme verursacht. Die Notenblätter für die Songs von Popstar Michael Jackson wurden nach dessen Tod offenbar zu schnell auf den Markt gebracht. Am Probenwochenende hatten die vielen Fehler in den Vorlagen für viel Arbeit und umfangreiche Korrekturen gesorgt.
Zu merken war davon beim Konzert allerdings nichts. Das Medley aus einigen der bekanntesten Songs des King of Pop war zweifellos die Perle des Konzertabends. Voller Energie bei Hits wie »Bad«, sehr zart und einfühlsam bei Songs wie »Can't stop loving you«: Der Röllfelder Musikverein zeigte, wie es klingen muss, wenn man unsterbliche Popsongs in Blasmusik übersetzt. »Wir möchten mit dem Medley an den größten Musiker unserer Zeit erinnern«, hatte Grein in der Moderation gesagt. Dieses Vorhaben ist gelungen.
Einen musikalischen Ausflug nach Afrika bot das Medley der Songs aus dem Musical »König der Löwen«. Von Johan de Meijs Symphonie zum Buch »Herr der Ringe« über die Hits von James Last bis hin zu bekannten Fernseh- und Filmmelodien von Klaus Doldinger wurde der Bogen gespannt. Ganz traditionell hingegen der Abschluss der Veranstaltung: Der Marsch »Zum Städtele hinaus« von Georg Meissner dürfte vor allem die älteren Besucher mit dem sonst eher modernen Programm versöhnt haben. »Wir wollen ganz klar für alle etwas bieten. Jung und alt sollen bei unserem Programm auf ihre Kosten kommen«, so Dirigent Thomas Schmitz über die bunte Auswahl.
Das Konzept ging auf. »Für mich ist das Osterkonzert inzwischen schon ein Highlight im Jahr«, sagte etwa die Besucherin Sylvia Berninger aus Erlenbach. »Ich komme bereits seit 18 Jahren regelmäßig. Der Ostersonntag mit Konzert ist schon fest eingeplant.« Bemerkenswert sei vor allem, dass jedes Jahr mehr Leute kommen. Auch ihre Sitznachbarin pflichtete bei: »Ich bin erst zum zweiten Mal dabei, bin aber sehr begeistert. Vor allem ist schön, dass alle Altersgruppen vertreten sind.«
Dass auch die Jugendarbeit im Musikverein Röllfeld funktioniert, hatte die Jugendkapelle bereits zu Beginn bewiesen. Vor allem deren Interpretation von »Born to be Wild« zeigte, wie vielseitig das Repertoire eines Musikvereins sein kann.

Andreas Göbel